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NABU: Hochtemperaturwärme in der Industrie ohne Waldzerstörung
Miller: Politik ist gefordert, Alternativen zur industriellen Holzverbrennung stärker zu unterstützen

Berlin, 29.11.22 – Eine heute erschienene Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU) im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) macht deutlich, dass sich der Holzeinsatz für die Energieerzeugung in der deutschen Industrie bis 2045 mehr als verdreifachen könnte. Der Einsatz von Elektrifizierung und grünem Wasserstoff kann den Holzeinsatz dagegen stark reduzieren. Der NABU sieht die deutsche Politik gefordert, die anstehende Transformation der Industrie so zu steuern, dass diese ohne Zerstörung von Wäldern und der mit der Holzverbrennung verbundenen Klimabelastung einhergeht.

Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer dazu: „Für die Industrie ist der Wechsel von Kohle und Gas zur Holzverbrennung häufig die einfachste und billigste Methode, um auf dem Papier klimaneutral zu werden. Gegen Mitte des Jahrhunderts könnte die deutsche Industrie jährlich fast 30 Millionen Tonnen Holz verheizen. Diese Menge kann nur durch die Abholzung von Wäldern im Ausland bereitgestellt werden. Die gute Nachricht ist, es gibt bereits technologische Alternativen. Es ist an der Politik, diese Technologien auch wirtschaftlich zu machen. Durch eine kluge Förderpolitik kann die Industrie auf einen wirklich klimafreundlichen Pfad gebracht werden, der ohne das Verheizen unserer Wälder auskommt.“

Besonders in der Zement-, Chemie- und Stahlindustrie werden hohe Temperaturen benötigt, die bisher hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Energieträger und Müll gedeckt werden. Zwei Drittel der Treibhausgasemissionen im Industriesektor gehen derzeit auf die Bereitstellung von Prozesswärme zurück. Um bis 2045 klimaneutral zu werden, sind ab sofort umfangreiche Investitionen in neue Anlagen notwendig.

Michaela Kruse, Expertin für Energie und Kohleausstieg, NABU: „CO2-Emissionen aus der industriellen Holzverbrennung sind vom europäischen Handel mit Zertifikaten ausgenommen. Neben dieser indirekten Subventionierung gibt es für den Wechsel auf Biomasse Gelder aus einem Bundesförderprogramm. Finanzielle Unterstützung darf es in Zukunft nur noch für tatsächlich klimaneutrale Technologien geben. Der Einsatz von Holzbiomasse ist regulatorisch einzudämmen. Wir müssen die Wälder als unsere Verbündeten im Klimaschutz und als Ökosysteme erhalten.“

Um den steigenden Strombedarf der Industrie durch die Elektrifizierung und Wasserstoffherstellung abdecken zu können, ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, vor allem Wind- und Solarenergie, voranzutreiben. Darüber hinaus ist jede Möglichkeit zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung zu nutzen.

Hintergrund und Kurzzusammenfassung der Studienergebnisse:
In der Studie “Holz statt Kohle, Gas und Öl? Wie gelingt die Defossilisierung des Industriesektors ohne Gefahr für Wälder und Klima?” werden zwei Szenarien zum Einsatz von Holzbiomasse zur Energieerzeugung in der Industrie (vorwiegend für Prozesswärme) gegenübergestellt:

Das erste Szenario betrachtet den von der Industrie (BDI) in eigenen Studien angestrebten Ausbau der Holzverbrennung von heute ca. 23 TWh auf 73 TWh im Jahr 2045. Hierbei würde sich die verbrannte Holzmenge von heute 7,71 Millionen Tonnen (davon fast 70 Prozent sogenanntes Sekundärholz, dazu gehören Sägereste, Altholz etc.) auf 26,9 Millionen Tonnen erhöhen. Die zusätzliche Menge müsste dabei vollständig aus Primärholz, also Holz direkt aus dem Wald, gedeckt werden, da keine weiteren Mengen an Sekundärholz zur Verfügung stehen. Importe im großen Umfang wären notwendig, um diese Holzmenge zu decken. Der weltweit größte Pelletkonzern Enviva, verantwortlich für Kahlschläge in artenreichen Laubwäldern in den USA, hat im Mai einen Zehnjahresvertrag mit einem deutschen Industriekunden abgeschlossen. Betrachtet man den realen CO2-Ausstoß aus der Holzverbrennung, zeigt die Studie, dass dieser beim ersten Szenario höher liegen würde als bei der Weiternutzung fossiler Energieträger.

Das zweite untersuchte Szenario zeigt: Der hohe Holzeinsatz in der Industrie ist nicht zwingend. Für alle Temperaturbereiche sind technologische Alternativen vorhanden, vor allem die Wärmeerzeugung über Elektrifizierung sowie - im geringeren Umfang - mit grünen Gasen, vor allem Wasserstoff. Der Holzeinsatz kann demnach sogar weiter reduziert werden, so dass bis 2045 von der Industrie kein Primärholz und nur eine geringe Menge Sekundärholz genutzt werden würde.

Dass die Klimaneutralität des Industriesektors auch ohne einen massiven Ausbau, der nur auf dem Papier klimaneutralen Holzverbrennung erreicht werden kann, bestätigen auch viele weitere Studien, zuletzt die vor einer Woche vorgestellten “Langfristszenarien” des Bundeswirtschaftsministeriums.
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Eintrag vom: 30.11.2022  




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